25 Jahre welt­wei­ter FASD-TAG am 09.09.2024: Ein frag­wür­di­ges und unsicht­ba­res Jubiläum?

Der 9. Sep­tem­ber wurde vor 25 Jah­ren bewusst gewählt, um an die 9 Monate der Schwan­ger­schaft zu erin­nern und die Bedeu­tung eines alko­hol­freien Lebens­stils wäh­rend die­ser Zeit zu beto­nen. Die­ser beson­dere Tag bie­tet seit­her inter­na­tio­nal eine Platt­form für Orga­ni­sa­tio­nen, Fach­leute und Betrof­fene, um ihre Stim­men zu erhe­ben, Erfah­run­gen zu tei­len und gemein­sam für eine bes­sere Zukunft zu kämpfen.

Fetal Alco­hol Spec­trum Dis­or­der (FASD) ist eine nahezu unsicht­bare Beein­träch­ti­gung, die durch prä­na­tale Alko­hol­ex­po­si­tion (Alko­hol­kon­sum wäh­rend der Schwan­ger­schaft) ver­ur­sacht wer­den kann und weit­rei­chende und lebens­lange Aus­wir­kun­gen auf die neu­ro­lo­gi­sche Ent­wick­lung und das Ver­hal­ten von betref­fen­den Per­so­nen mit FASD hat.

Trotz der hohen Prä­va­lenz von 2% (ca. 1,7 Mio. der bun­des­wei­ten Bevöl­ke­rung) und der schwer­wie­gen­den Fol­gen bleibt FASD oft uner­kannt und unter­ver­sorgt, was sowohl indi­vi­du­elle als auch gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen birgt. So fehlt es einer­seits bereits an der gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Aner­ken­nung als Krank­heits­bild und ande­rer­seits an For­schungs­ar­beit, die unter­sucht, wel­che Gründe für die Unter­ver­sor­gung von Men­schen mit FASD auf ver­schie­de­nen gesell­schaft­li­chen Ebe­nen bestehen und Bar­rie­ren im Bereich der Prä­ven­tion, Dia­gnose und Inter­ven­tion identifiziert.

Auf indi­vi­du­el­ler Ebene wer­den Stig­ma­ti­sie­rung, man­gelnde Sen­si­bi­li­sie­rung und unzu­rei­chen­des Ver­ständ­nis für die Kom­ple­xi­tät von Per­so­nen mit FASD als Hin­der­nisse für die ange­mes­sene Ver­sor­gung erlebt.

(Pflege-)Familien von betref­fen­den Per­so­nen ste­hen vor enor­men Her­aus­for­de­run­gen bei der Suche nach ent­las­ten­der Unter­stüt­zung und Res­sour­cen und kämp­fen hier­bei oft um ihre Glaub­wür­dig­keit, was zu einer zusätz­li­chen Belas­tung führt. Gesund­heits­sys­teme und die zustän­di­gen Sozial- und Bil­dungs­be­hör­den sind aus unse­rer täg­li­chen Erfah­rung zudem nicht aus­rei­chend dar­auf vor­be­rei­tet, FASD (an)zuerkennen, zu dia­gnos­ti­zie­ren, ange­mes­sene Inter­ven­tio­nen anzu­bie­ten und/oder zu ent­wi­ckeln, was zu einer Ver­ste­ti­gung der Unter­ver­sor­gung führt.

FASD bleibt als Zivi­li­sa­ti­ons­krank­heit seit einem Vier­tel­jahr­hun­dert nahezu unsicht­bar in Deutsch­land, welch ein Jubiläum

Auf gesamt­ge­sell­schaft­li­cher Ebene zeigt sich ein Man­gel an poli­ti­schem Ver­ständ­nis, Enga­ge­ment und Finan­zie­rung für spe­zi­fi­sche FASD-Programme und Dienste. Die sehr begrenzte Ver­füg­bar­keit von Fachkräften/Fachärzten*innen und spe­zia­li­sier­ten Diens­ten stellt eine wei­tere Her­aus­for­de­rung dar. Dar­über hin­aus führt die feh­lende Inte­gra­tion von FASD-Thematiken in Bildungs- und Gesund­heits­sys­te­men zu einer Zir­ku­la­tion der Unterversorgung.

Um diese Her­aus­for­de­run­gen anzu­ge­hen, sind ganz­heit­li­che Ansätze auf ver­schie­de­nen Ebe­nen erfor­der­lich. Dies erfor­dert eine umge­hend ver­bes­serte mediale Auf­klä­rung der Öffent­lich­keit über FASD, um Stigmatisierung/Ableismus zu redu­zie­ren und das gene­relle Ver­ständ­nis von FASD als Schwer­be­hin­de­rung zu för­dern. Es bedarf ebenso einer bes­se­ren Aus­bil­dung und Unter­stüt­zung von Gesund­heits­fach­kräf­ten und der Fach­ärz­te­schaft, um über­haupt die Dia­gnose und Ver­sor­gung von FASD zu gewähr­leis­ten. Poli­ti­sche Maß­nah­men zur Inte­gra­tion von FASD in bestehende Pro­gramme und zur Bereit­stel­lung aus­rei­chen­der Res­sour­cen sind eben­falls von ent­schei­den­der Bedeutung.

FASD als Zivi­li­sa­ti­ons­krank­heit gesell­schaft­lich anerkennen

Ins­ge­samt hält das FASD-Fachzentrum Ham­burg e.V. es für drin­gend und not­wen­dig, eine umfas­sende Reak­tion auf die gra­vie­rende Unter­ver­sor­gung von Men­schen mit FASD auf indi­vi­du­el­ler und gesell­schaft­li­cher Ebene zu gewährleisten.

FASD ist FAKT:

  • Die im Juni 2024 durch ein inter­dis­zi­pli­nä­res Expert*innen-Gremium aktua­li­sierte S3-Leitlinie FETALE ALKOHOLSPEKTRUMSTÖRUNG bei Kin­dern & Jugend­li­chen / Dia­gnose & Intervention- Living Gui­de­line (AMWF-Registernr.: 022–025) defi­niert erst­ma­lig evi­denz­ba­sierte Emp­feh­lun­gen für Inter­ven­ti­ons­mög­lich­kei­ten für regio­nale und bun­des­weite FASD-Strategien.
  • Erst­ma­lig geht das Expert*innen-Gremium von einer offi­zi­el­len FASD-Prävalenz von 2% aus (somit ca. 1,7 Mio. betref­fende Per­so­nen bun­des­weit. Im Gegen­satz zu z.B. Tri­so­mie 21 (0,2%) oder Autismus-Spektrum-Störung (1,1%) ist FASD als Schwer­be­hin­de­rungs­bild gesell­schaft­lich nahezu unbekannt).
  • FASD ist auch in Deutsch­land die häu­figste nicht gene­tisch bedingte Behin­de­rung bei Neugeborenen.
  • FASD wird bereits im neuen ICD 11 unter LD2F.00 Fetal Alko­hol­syn­drom als neu­ro­lo­gi­sche Ent­wick­lungs­stö­rung mit schwer­wie­gen­den Beein­träch­ti­gun­gen berücksichtigt.
  • Zusätz­lich eta­blie­ren sich aktu­ell eigen­in­itia­tiv bun­des­weite fach­spe­zi­fi­sche Beratungs- und Unter­stüt­zungs­struk­tu­ren, wie z.B. auch das FASD-Fachzentrum Ham­burg e.V., mit bun­des­land­über­grei­fen­den Wirkungskreisen.
  • Des Wei­te­ren grün­dete sich im Juni 2024 der Bun­des­ver­band FASD, um seine bun­des­po­li­ti­sche Arbeit zunächst auf­zu­bauen, um sich dann zu entfalten.
  • Am 09.09.2024 jubi­liert der inter­na­tio­nale FASD-Tag/(Tag des alko­hol­ge­schä­dig­ten Kin­des) zum 25jährigen Bestehen.

Durch die all­ge­meine Aner­ken­nung und Eta­blie­rung von FASD als Zivi­li­sa­ti­ons­krank­heit sowie ver­bes­serte Prä­ven­tion, Gewähr­leis­tung von Dia­gno­se­mög­lich­kei­ten und Inter­ven­tion kön­nen wir die Lebens­qua­li­tät von Per­so­nen mit FASD enorm ver­bes­sern, Inklu­si­ons­vor­aus­set­zun­gen schaf­fen und die grenz­wer­ti­gen Belas­tungs­si­tua­tio­nen für iso­lierte (Pflege-)Familien/Hilfesystem und betref­fende Per­so­nen in der Gesell­schaft ins­ge­samt verringern.

Ansons­ten blei­ben betref­fende Per­so­nen mit FASD und ihre Hil­fe­sys­teme wei­ter­hin sich selbst über­las­sen und somit die Chance und Per­spek­tive auf eine „teil­ha­bende” und humane Lebens­ge­stal­tung von vorn­her­ein für immer verwehrt.

Daher appel­lie­ren wir an Sie und wür­den uns umso mehr freuen, wenn Sie uns best­mög­lich mit Ihrer media­len Auf­merk­sam­keit und Mög­lich­kei­ten (z.B: zum dies­jäh­ri­gen Jubi­läum am 09.09.24 FASD TAG und/oder ande­ren Vor­ha­ben) unterstützen.

Wir haben Ihr Inter­esse geweckt, Sie haben Fra­gen, Ideen und/oder Anre­gun­gen? Wir freuen uns über Ihre Kon­takt­auf­nahme und unter­stüt­zen Sie gerne mit unse­rem Experten*innenwissen und (Fach-)Netzwerken und Kon­tak­ten zu betref­fen­den Per­so­nen zur The­ma­tik FASD.

WIR MACHEN FASD SICHTBAR, machen Sie mit!

Mit bes­ten Grüßen

Timm F. Theen & Tobias Wolff
‑Projektleitung-

vom
FASD-Fachzentrum Ham­burg e.V.
Rothen­baum­chaus­see 114
20149 Hamburg
www.fasd-fachzentrum.hamburg

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Anlage: